Mehrheitliche Stellungnahme der Bürgerliste zum Hochwasserschutz
vorgetragen auf der Sondersitzung des Gemeinderates Weissach am 28.11.2016 in der Strudelbachhalle
Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger, sehr verehrte Anwesende,
wir reden heute über ein Thema, das unsere Gemeinde sehr bewegt. Nachdem durch die Schaugerüste das Ausmaß der geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen im oberen und unteren Strudelbachtal sichtbar wurden, haben wir uns seitens der Bürgerliste sehr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und nach möglichen Alternativen gesucht.
Unser Ansatz und Ziel war, im Umfeld der bekannten Brennpunktbereiche verschiedene dezentrale Hochwasserschutzmöglichkeiten zu finden, um die im Strudelbachtal seitens des Zweckverbandes geplanten Maßnahmen entweder zu vermeiden bzw. deren Umsetzung in einem deutlich geringeren Ausmaß zu ermöglichen. Nach mehreren Vorortbegehungen auf unserer Gemarkung konnten einige Bereiche ausgemacht werden, von denen wir uns eine deutliche Entlastung erhofft haben. Hierbei haben wir auch den Kontakt zur lokalen Agenda gesucht, die ebenfalls alternative Lösungsansätze ausgearbeitet hatte. Aus den gefundenen Bereichen haben wir die neun vielversprechendsten Lösungsansätze zusammengetragen und in einer Präsentation, ergänzt um Fotos und Graphiken, näher beschrieben. Auf dieser Basis hat die Bürgerliste einen Antrag in den Gemeinderat eingebracht, mit der Bitte, diese Ansätze durch entsprechende fachliche Begleitung auf deren Machbarkeit und Potenziale hin zu untersuchen und ggf. weitere Alternativen zu finden. Es war uns sehr wichtig, damit eine Diskussion um mögliche dezentrale Alternativen anzustoßen und so letztendlich nichts unversucht zu lassen, um eine gute Lösung zu finden, die einerseits einen ausreichenden Hochwasserschutz bietet und zugleich aus landschaftlicher Sicht einen geringstmöglichen Eingriff in das Strudelbachtal ermöglicht.
Sowohl in der Verwaltung als auch im Gemeinderat bestand der Wunsch nach der Suche alternativer Lösungen, sodass mit dem Büro Wald & Korbe eine vom Zweckverband unabhängige Untersuchung beauftragt wurde. Das Büro Wald & Korbe hat zum einen die eingebrachten Vorschläge untersucht und darüber hinaus weitere Möglichkeiten betrachtet. Leider stellt selbst die Summe aller untersuchten Alternativen keinen ausreichenden Schutz für betrachteten Regenereignisse HQ 50 bzw. HQ 100 dar. Das Gutachten war damit aber nicht umsonst. Es ergab unter anderem, dass die bei den Berechnungen der HW-Situation in Flacht zugrunde gelegten Kanalquerschnitte nicht mehr aktuell waren, sondern, dass diese
ausreichend dimensioniert sind, um die Regenereignisse zu verkraften. Eine weitere Erkenntnis war, dass die Hauptwassermengen, die zu einer Überflutung führen, direkt in den zum größten Teil versiegelten Flächen entstehen und damit dezentrale Retensionsmaßnahmen nicht die erhoffte Entlastung bringen. Man könnte zwar die Kanalisation in Weissach deutlich größer dimensionieren, um so einen besseren Abfluss der Wassermengen im Ernstfall zu gewährleiten, jedoch wären Aufwand und Kosten für eine solche Maßnahme immens und nicht darstellbar. Auch würde diese Maßnahme nur Weissach entlasten. Im Sinne des Schutzes für alle im Zweckverband beteiligten Gemeinden müsste trotzdem zusätzlich ein Damm im unteren Strudelbachtal errichtet werden.
Wenn die Untersuchung ergeben hätte, dass verschiedene dezentrale Maßnahmen eine gangbare Alternative zu einem Damm im oberen Strudelbachtal sind, hätten wir uns selbstverständlich für deren Umsetzung und für die anteilige Übernahme der dadurch entstehenden Kosten durch den Zweckverband eingesetzt.
Im Grunde geht es um die Sicherheit der Weissacher Bürgerinnen und Bürger sowie um die Erhaltung des Landschaftsbilds im Strudelbachtal. In Kenntnis der Untersuchungsergebnisse nichts zu tun, ist keine Option. Wir können darüber diskutieren, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein 50- oder 100-jähriges Ereignis auch tatsächlich jemals eintritt. Was wir aber sehr genau wissen, ist, dass sich unser Klima in den letzten Jahren stark verändert hat und weiter verändern wird. Die Ereignisse, die sich in diesem Sommer in verschiedenen deutschen Gemeinden ereignet haben, haben dies sehr deutlich gezeigt.
Durch die vorgenommenen Berechnungen, wissen wir was passieren könnte, wenn ähnliche Ereignisse bei uns eintreten sollten. Wenn wir nichts unternehmen, würden wir das Risiko bewusst in Kauf nehmen, dass im Ernstfall eine nicht unerhebliche Gefahr für das Hab und Gut unserer Mitbürger bzw. im schlimmsten Fall sogar für deren Leib und Leben bestehen könnte.
Darüber hinaus würde ein großer Teil der Weissacher Ortsmitte als Hochwasser-gebiet eingestuft werden. Dies hätte zur Folge, dass dort keine baulichen Veränderungen mehr durchgeführt oder gar Neubauten umgesetzt werden könnten. Ein Wertverlust der betroffenen Häuser und Wohnungen wäre die Folge. Auch die Versicherungen würden reagieren und die bestehenden Verträge für Wasserschäden
kündigen oder die Policen würden für viele Bürgerinnen und Bürger unerschwinglich werden.
Vernunft und Verantwortungsbewusstsein muss am Ende der für unsere Entscheidung bestimmende Faktor sein.
Aus diesem Grund unterstützt die Bürgerliste mit großer Mehrheit den Bau einer Hochwasserschutzmaßnahme im oberen Strudelbachtal. Das heißt aber nicht, dass wir eine der beiden vom Zweckverband vorgeschlagenen Maßnahmen 1:1 umsetzen wollen. Nun gilt es zum einen, mit einer weiteren Untersuchung den bestmöglichen Standort zu finden und ein Konzept zu erarbeiten, das sowohl die Funktion der Maßnahme, als auch die bestmögliche Integration in das Landschaftsbild ermöglicht. Wenn es uns gelingt, die Maßnahme im unteren Bereich des Strudelbachtals zwischen Flacht und Weissach, ergänzt um ein gutes Bepflanzungskonzept, landschaftlich gut zu integrieren, und wir darüber hinaus beispielsweise eine fußläufige Anbindung der Strudelbachhalle an das Strudelbachtal erreichen könnten, wäre dies eine Lösung, mit der wir leben könnten.